Wer schweigt, schürt die Gerüchteküche

Verfehlte Informationspolitik beim Schweizer Eislauf-Verband

Ein Kommentar von Wolfgang F. Stummer

 

Der Schweizer Eislauf-Verband (SEV) sieht nichts, hört nichts und sagt nichts. Er erinnert uns an die berühmten drei Affen... Bisher war das der Schweizer Eislauf-Gemeinschaft gleichgültig, doch nun sollen kurzfristig eingeführte Änderungen des Wettkampf-Modus den ganzen Saison-Ablauf auf den Kopf stellen und dies ohne dass die Betroffenen um ihre Meinung gefragt worden wären.

Gute Ideen schlecht verkauft

Eigentlich liegt der ganzen derzeitigen Misere im Schweizer Eislauf eine gute Idee zugrunde. Diese wäre einfach und sogar erfolgversprechend: Die Verantwortlichen des Schweizer Eislauf-Verbandes haben sich nämlich zuzrückgezogen und versucht, ein Modell für attraktivere Wettkämpfe und Meisterschaften zu kreieren. Es sollen in Zukunft alle Schweizer-Meisterschaften der Kategorien Elite, Junioren, Nachwuchs und Jugend an einem einzigen Wochenende ausgetragen werden. Damit soll das Publikums- und Medieninteresse gesteigert werden. An der Schweizer-Meisterschaft soll nur eine beschränkte Anzahl Teilnehmer zugelassen sein, welche zuvor in Ausscheidungs- und Qualifikations-Wettkämpfen bestimmt wird. Nun lag aber dieses an sich durchaus diskussionswürdige Projekt entweder zu lange in der Schublade oder es brauchte zu viel Zeit, um die internen Mühlen zu durchlaufen. Jedenfalls drang längere Zeit nichts an die Öffentlichkeit. Das Schweizer Reglement sieht auch vor, dass der Verband ohne Mitsprache der Eislauf-Basis über die Austragung der Schweizer Meisterschaften entscheiden kann. Eine Absegnung durch die Delegierten-Versammlung ist nicht vorgesehen.

Es muss eine Indiskretion gewesen sein, dass eines Tages im März in einer westschweizer Zeitung zu lesen war, dass Genf der Austragungsort der Schweizer-Meisterschaften aller Kategorien sei. Davon wusste zuvor niemand etwas. Diese Meldung hätte eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Es muss ein übereifriger Clubfunktionär aus Genf gewesen sein, wo man anscheinend lediglich einmal unverbindlich eine Anfrage startete, ob Genf die Infrastruktur für eine solche neue Meisterschaft zur Verfügung stellen könnte, der diese Neuigkeit sofort an die Presse weitergereicht hatte. Insbesondere haben auch die Verantwortlichen des Eislauf-Clubs Dübendorf bei Zürich, welchem Club vor Jahresfrist die Zusage für die Schweizer Meisterschaft Elite 1999 gegeben worden war, nie eine Absage ihrer Meisterschaft erhalten. Obwohl mit diesem Lapsus, ob gewollt oder ungewollt, nun die Gerüchteküche angeheizt wurde, hielt es aber der SEV nicht für notwendig, die Öffentlichkeit nun umgehend zu informieren und die Situation klarzustellen.

Antrag an die Delegiertenversammlung als Notbremse

Höchste Zeit zum Handeln wäre es auf jeden Fall gewesen, waren doch nur noch wenige Wochen für die Eislauf-Clubs bis zum letztmöglichen Zeitpunkt, um Anträge zuhanden der Delegierten-Versammlung des SEV zu stellen. So lag es am Eislauf-Club Uzwil, in einer regelrechten Feuerwehrübung unter Beizug der nötigen Berater und unter Mithilfe von Funktonären anderer Clubs in die Bresche zu springen und einen Antrag an den SEV zu formulieren um eine kurzfristige Änderung des Wettkampfmodus zu vermeiden. Saison-Pläne der Eisläuferinnen und Eisläufer und der Clubs sind grösstenteils bereits gemacht, Wettkampfdaten für lokale Cups festgelegt. Terminkollisionen mit Qualifikationswettkämpfen sind vorprogrammiert. Nur ein solcher Antrag bewirkt, dass sich die Delegierten-Versammlung überhaupt mit dem Thema befasst. Lediglich mit der Nicht-Genehmigung des Jahresprogrammes könnte sonst noch theoretisch Einfluss auf den Wettkampf-Modus genommen werden.

Der Antrag an den SEV sieht vor, dass inskünftig Modusänderungen immer zusammen mit den entsprechenden Unterlagen zur Delegiertenversammlung den Mitgliedclubs des SEV anzukündigen sind und dass der Zeitpunkt für die Änderungen so zu wählen ist, dass zwischen der Delegiertenversammlung und dem Wettbewerb mindestens zwölf Monate liegen. Dieser Antrag soll inskünftig Aufregungen wie die nun entstandenen vermeiden. Es ist den Delegierten dringend zu raten, sich mit der Einfügung eines derartigen Passus in die Statuten oder Reglemente des SEV entsprechend abzusichern.

Professionellere Öffentlichkeitsarbeit als Lehre

Die Funktionäre des SEV scheinen aber bis zum heutigen Tag die Brisanz der Angelegenheit noch nicht erkannt zu haben. Der Zentralpräsident kündigte zwar eine Orientierung der Trainer auf einen Sonntag an, doch erfolgte die Einladung derart spät, dass ein Grossteil der Trainer sich zu diesem Zeitpunkt in den Ferien befinden. Falls die SEV-Oberen eine Lehre aus der ganzen Angelegenheit ziehen wollen, so täten sie gut daran, immer gleich nach Abschluss der abgelaufenen Saison die für die neue Saison geplanten Änderungen anzukündigen und in die Vernehmlassung zu geben. Ein gut eingespielter Dialog zwischen dem SEV, den Clubs und den direkt betroffenen Sportlern und Trainern könnte viele heisse Diskussionen verhindern und auch die Gerüchteküche würde durch eine effektvolle Informationspolitik eines nationalen Verbandes wesentlich vermindert. Gerade das Ressort der Öffentlichkeitsarbeit erfordert höchste Professionalität. Eine Pressekonferenz, eine Medienorientierung, ein Rundschreiben an die Clubs, Trainer und Eisläufer mehr und viel Goodwill könnte geschaffen werden. Die derzeitige Crew des SEV unter dem neuen Zentral-Präsidenten Roland Wehinger scheint aber die Äera Maillard noch nicht ganz beiseite gelegt zu haben, eine Zeit, in der man sich die Informationen nur durch Herumhorchen rechtzeitig beschaffen konnte und der SEV kein Musikgehör für eine offene Informationspolitik hatte. Für eine diesbezügliche Änderung beim Verband wäre es höchste Zeit.


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 Copyright © 1998 Wolfgang F. Stummer

Last Up-date: 28.06.98