Mehrheit der Delegierten spricht sich gegen Integration der Kategorien Nachwuchs und Jugend in die zusammengezogenen Schweizer-Meisterschaften aus
Von der Delegiertenversammlung des Schweizer Eislauf-Verbandes berichtet Wolfgang F. Stummer
Ungewohnt spät im Jahr führte der Schweizer Eislauf-Verband bedingt durch den Mitte Juni angesetzten ISU-Kongress am 27. Juni 1998 seine ordentliche Delegiertenversammlung durch. Dabei gaben vor allem die fehlende Jahresrechnung und die Modusänderungen der Austragung von Schweizer-Meisterschaften zu reden. Die Sachgeschäfte und Wahlen endeten dennoch ohne größere Überraschungen.
Jahresrechnung auf später vertagt
Üblicherweise ist eines der wichtigsten Traktanden einer jeden Generalversammlung eines Verbandes oder einer Aktiengesellschaft die Abnahme der Jahresrechnung, verbunden mit Abnahme des Revisionsberichtes und danach der Entlastung der Organe. Eines der sehr seltenen Ereignisse ist es, wenn ein Verband seine Mitglieder diesbezüglich auf später vertrösten muß. So geschehen unlängst nicht etwa in einem kleinen Eislauf-Club in der Provinz, sondern an der Delegiertenversammlung des Schweizer Eislauf-Verbandes vom 27. Juni. Infolge einer Computerpanne, war es offenbar nicht möglich den Jahresabschluß des auf den 30. April abgeschlossenen Rechnungsjahres rechtzeitig fertigzustellen und der Jahresversammlung zu präsentieren. In ihrem wenige Tage vor der Versammlung den Clubs zugestellten Bericht blieb den Revisoren nichts anderes übrig, als den Delegierten zu empfehlen, den Antrag des Zentralvorstandes gutzuheißen und eine Frist von 5 Monaten einzuräumen, um die Rechnung fertigzustellen und an einer außerordentlichen Delegiertenversammlung Ende November 1998 über die Rechnung zu befinden.
Während bei einer Aktionärsversammlung bestimmt die Köpfe der Mitglieder der Verwaltung gerollt wären, übten die Delegierten erstaunlicherweise Nachsicht gegenüber den verantwortlichen Herren im SEV. Nach ausführlichen Erklärungen des Zentralpräsidenten und des Finanzchefs ad interim zeigten die Delegierten Verständnis für die unerfreuliche Situation und stimmten dem Vorschlag zu. So werden sich die Präsidenten der Eislauf-Clubs im Spätherbst erneut zum Stelldichein nach Bern begeben müssen. Auch auf die Wahlergebnisse hatte die fehlende Rechnung keinen nennenswerten Einfluß. Roland Wehinger wurde als Zentralpräsident mit guten 146 Stimmen im Amt bestätigt. Die einzige Konsequenz, welche der fehlende Jahresabschluß hatte, war, daß der Zentralvorstand davon absah, den Finanzchef ad interim Hanspeter Lüscher, welcher im vergangenen Herbst das Amt innerhalb des Rechnungsjahres von seinem Vorgänger Hanswerner Steinmetz übernommen hatte, zur Wahl vorzuschlagen. Der Filialleiter und Mitglied der Direktion einer der größten Regionalbanken der Schweiz, der als ausgewiesener Bankfachmann vorgestellt wurde, muß somit sein Amt weiterhin ohne Wahl versehen. Der eben aus dem Council der ISU zurückgetretene Jürg Wilhelm wird auch weiterhin in der Funktion "Internationale Kontakte" dem Zentralvorstand angehören.
TK Kunstlauf unter neuer Leitung
Nach langer erfolgloser Suche konnte der Zentralpräsident der Delegiertenversammlung doch noch eine Nachfolgerin für die aus dem Amt der Präsidentin der TK Kunstlauf zurückgetretene Marianne Kollros vorstellen. Mit 141 Stimmen wurde Christina Lüssi aus Winterthur, TK-Chefin des Winterthurer Schlittschuhclubs und Vorstandsmitglied in der Funktion TK Kunstlauf des Kantonal-Zürcher Eislauf-Verbandes in das Amt gewählt. Damit verfügt der SEV über eine mit der Basis verbundene TK-Präsidentin, welche - so ist zu hoffen - die Anliegen der Clubs und Regionalverbände in den Dachverband einbringen kann und diese auch berücksichtigen wird.
Als neue Mitglieder wurden in die technische Kommission Kunstlauf Liliane Brède, Lausanne, sowie Margrith Felix, Davos, gewählt. Neu als Präsidentin der TK Eistanz löst Verena Diener den zurückgetretenen bisherigen TK-Präsidenten Charly Pichard ab. Neu zieht in die TK Eistanz Patrik Brecht, Ascona, ein, welcher als ehemaliger Schweizer Meister im Eistanzen noch in bester Erinnerung ist und damit zweifellos über das nötige Know how verfügt. Während für das in der TK Schnellauf zurückgetretene Mitglied kein Ersatz gefunden werden konnte, wurde die TK Short Track, entsprechend dem zunehmenden Interesse und Stellenwert der Sportart in der Schweiz um zwei Personen aufgestockt. Die zusätzlichen Mitglieder heißen Felix Bürgi und Petra Meier. Keine Änderungen der Zusammensetzung erfuhren die Technischen Kommissionen Synchronized Skating (bisher Precision Team Skating) und Breitensport. Ulrich Linder, welcher eine Woche zuvor erneut in die technische Kommission Synchronized Skating der ISU wiedergewählt wurde, kündigte allerdings seinen Rücktritt in einem Jahr an, nachdem ihm die Doppelbelastung langsam zu groß wird.
12-Monats-Frist für Modusänderungen knapp an Zweidrittelmehrheit gescheitert
Seit längerer Zeit plant der SEV, die verschiedenen Schweizer-Meisterschaften im Eiskunstlaufen auf ein einziges Wochenende zusammenzulegen um damit die Attraktivität der Wettbewerbe zu steigern. Gegen diesen Vorschlag brachte der Eisclub Uzwil einen Antrag an die Delegiertenversammlung ein, welcher vorsah, eine zwölfmonatige Frist einzuführen, während welcher keine Modusänderungen möglich wären. Ziel war, daß solche Änderungen frühzeitig bekanntzugeben sind, damit die Clubs und Eisläufer nicht mitten in der Sommerphase mit neuen Tatsachen konfrontiert werden. Ganz klar wollte man mit diesem Begehren etwas dem Mißtrauen Ausdruck verleihen, welches man der Verbandsspitze gegenüber hegt, welche nur spärlich mit Informationen herauszurücken beliebt (mehr zum Thema Informationspolitik siehe Eissportmagazin Nr. 5/98 Seite 32). Eine große Mehrheit der Clubs befürwortete diesen Antag denn auch, nachdem er von einem Großteil der Clubs, von Verbänden der Ostschweiz sowie vom Schweizer Eislauf-Lehrer-Verband unterstützt worden war. Weil jedoch für Statuten- und Reglementsänderungen die Zweidrittelmehrheit der vertretenen Stimmen notwendig ist, scheiterte der Antrag schließlich bei einem Abstimmungsergebnis von 96 Ja-Stimmen zu 46 Nein-Stimmen. Nur 7 Stimmen fehlten zum notwendigen Quorum von 103 Stimmen.
"Grand Prix" statt "Swiss Series"
Der ebenfalls vom Eisclub Uzwil eingebrachte Antrag betreffend die Einführung eines "Grand-Prix"- Wettbewerbssystems auf die Saison 1999/2000, welcher ein Schweizermeisterschaftsfinale mit den Kategorien Elite, Junioren und Senioren vorsieht, jedoch die Kategorien Nachwuchs und Jugend in je eine eigene Meisterschaft verweist, erfüllte die formellen Ansprüche nicht, da die Delegiertenversammlung gar nicht die Befugnis hat, über diese Angelegenheit zu befinden. Trotzdem ließ der Zentralpräsident in einer Konsultativabstimmung darüber votieren, ob die Delegierten dieses Modell demjenigen der TK Kunstlauf und des Zentralvorstandes vorziehen würden, wonach alle Kategorien (inklusive Nachwuchs und Jugend) an einem Wochenende Anfangs Januar ausgetragen würden. Insbesondere die Limitierung des Teilnehmerfeldes auf 12 Damen und 6 Herren stieß indessen auf Ablehnung. Die Delegiertenversammlung votierte mit 14 Stimmen gegen die "Swiss Series" (Vorschlag Zentralvorstand) und mit 140 Stimmen für den Vorschlag Uzwil ("Grand-Prix"). Nachdem der Zentralpräsident vor der Abstimmung noch betont hatte, daß der SEV kaum die überwiegende Mehrheit ignorieren könne, darf man gespannt sein, welches Modell nun im Januar 1999 zur Anwendung gelangen wird.
Eine kleine Niederlage mußte die TK Synchronized Skating einstecken, welche ein Test-Obligatorium für die Breitensport-Teams am Swiss Cup in Widnau einführen wollte. Die Delegierten vertraten aber die Meinung, daß diese Maßnahme nicht breitensportfreundlich sei und lehnten den Antrag, welcher als Mindestanfordernis die Absolvierung des Tests der 5. Klasse vorsah, mit 63 Nein-Stimmen gegen 54 Ja-Stimmen ab. Hingegen zeigte die TK Synchronized Skating Verständnis für eine Übergangsregelung bei den Schweizer-Meisterschaften betreffend das neue Mindestalter bei den Senioren-Teams. Demnach dürfen auch LäuferInnen, welche das 14. Altersjahr noch nicht erreicht haben, jedoch bereits vor einem Jahr in einem Senioren-Team gestartet sind, weiterhin in der Kategorie Senioren starten. International allerdings, so betonte Ulrich Linder, wird es keine Übergangsregelung geben, da eine Kontrolle zu umständlich wäre und einen allzu großen bürokratischen Aufwand mit sich bringen würde.
Copyright © 1998 Wolfgang F. Stummer Last Up-date: 10.08.98